«Zuhause schei**en ist Verrat an der Arbeiterklasse», hiess es bei uns früher in der WG. Denn eine gute, mehrminütige Sitzung auf Arbeitszeit ist ja auch was Schönes. Doch nicht alle können, dürfen oder wollen sich an ihrem Arbeitsort erleichtern. Dabei wäre es so wichtig für die Gesundheit.
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Jawohl, richtig gehört. Eine australische Gesundheitsbehörde erobert gerade mit ihrer Kampagne das Internet. Die Message: «Es ist okay, am Arbeitsort aufs WC zu gehen.» Die Botschaft wird mit einem bekannten Tiktok-Meme bebildert. Auf der sehr fest an einen LSD-Trip erinnernden Fotomontage sind Delfine, Einhörner und Regenbögen zu sehen. Darüber prangt der Slogan «It’s okay to poo at work». Die Kampagne wird von Marketingexperten als absoluter Homerun gefeiert.
Witzige Verpackung, ernster Inhalt
So wild das Ganze auch aussehen mag, so wichtig ist die Botschaft dahinter: Sich zu erleichtern, ist gesund. Ersichtlich wird dies in den Beschreibungen zum Post. So steht da beispielsweise, dass das ständige «Zurückhalten» unter anderem zu Verstopfungen im Dickdarm, Hämorrhoiden und anderen ernsten Problemen führen könne.
Auch für Leute mit Parcopresis (oder salopp gesagt «Heimscheisser») hat die Kampagne Tipps, wie sie sich zum Geschäft im Geschäft überwinden können. Diese Menschen haben Angst davor, dass sie für die Geräusche oder den Geruch ihres Stuhlgangs verurteilt zu werden. Dies könne zu einer erhöhten Herzfrequenz, Schweissausbrüchen und Übelkeit führen. Die Studie rät ihnen dazu, sich daran zu erinnern, dass jede und jeder mal muss. Ebenfalls könne es helfen, sich einen Promi auf dem Lokus vorzustellen. Auch ein Duftspray oder die Anpassung des Menüs könne helfen.
Darm und Gehirn – das Team
Dass diese Kampagne kein Scheiss ist, sondern einen wichtigen Beitrag leistet, findet auch Simon Robert Knowles, Professor an der Swinburne University of Technology und klinischer Psychologe. Er hat sich auf die Frage spezialisiert, wie das Gehirn den Darm und der Darm das Gehirn beeinflusst, einschliesslich sozialer Angststörungen wie Parcopresis.
Gegenüber dem «Guardian» erklärt er nämlich, dass laut einer Studie, die in 26 Ländern mit über 54'000 Leuten durchgeführt wurde, etwa zwei Fünftel der Menschen mit einer Störung der Darm-Hirn-Kopplung leben. Einige davon würden ihren Stuhlgang so unterdrücken, dass sie nie am Arbeitsplatz aufs WC müssen oder dass sie gar den Arbeitsplatz verlassen und an einen für sie angenehmen Ort gehen, um die Toilette zu benutzen. In Extremfällen werden sogar Medikamente eingenommen, um den Gang aufs Arbeits-WC zu verhindern.
Also, liebe Chefinnen und Chefs, drückt doch bei der WC-Pause eurer Mitarbeitenden ein Auge zu. Vielleicht kann so ein längerer Ausfall vermieden werden – und die allgemeine Stimmung im Büro ist sicherlich «erleichtert».