Mittelland

Bellacher Weiher: Beispiel für Gewässer-Rettung in Solothurn

«Weltweit einzigartig»

Bellacher Weiher: Erfolgreiche Rettung wird zum grossen Vorbild

· Online seit 27.02.2024, 16:52 Uhr
Einst ein Sorgenkind, erstrahlt das Wasser des Bellacher Weihers heute wieder in klarem Blau. Dank eines speziellen Pulvers und der einzigartigen Zusammenarbeit von Eigentümern, Landwirten und Gemeinden konnte der Weiher gerettet werden. Eine Erfolgsgeschichte, die weit über die Region hinaus geht.
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Der Bellacher Weiher galt jahrelang als «Sorgenkind». Es stand nicht gut um das symbolträchtige Gewässer im Dorf. Der Weiher sei ein «Unterwasserurwald» gewesen, wie Adrian Nufer sagt, als er den Weiher im Jahr 2004 zum ersten Mal gesehen hatte. Er wurde damals als Naturwissenschaftler herbeigezogen, um das stehende Gewässer von Algen zu befreien.

Überdüngung hätte Bellacher Weiher beinahe «aufgezehrt»

Wie so viele Gewässer in der Schweiz hatte auch der Bellacher Weiher mit einer erhöhten Algenproduktion zu kämpfen, wie Vision Landwirtschaft mitteilt. Durch die wegen des vielen Düngers entstandene Grünmasse wurde der Sauerstoffgehalt des Sees im laufe der Jahre aufgezehrt. Am Ende war fast kein Sauerstoff mehr vorhanden. Das nicht abgebaute organische Material lagerte sich als Schlamm ab. Diese Schlammschicht verunmöglichte jedes Leben von Wasserorganismen. Die Algen drohten, den Weiher «aufzuzehren».

Eigentümer wehrten sich gegen Schlamm

Das wollte die Eigentümerfamilie Stöckli nicht auf sich sitzen lassen. Bis dahin war es die gängige Methode, Schlamm einfach auszubaggern. Doch der Familie Stöckli schien diese Variante zu radikal. Ausserdem wollte die Familie das Problem sogleich bei der Ursache anpacken. Also suchte sie nach anderen Lösungen. Die Familie Stöckli sanierte den Weiher in Eigenregie und auf sanfte Art selbst. Dann zog sie den Experten Adrian Nufer hinzu. Dieser ist stolz auf das Projekt, dass er kürzlich im Bellacher Gemeinderatssaal der Öffentlichkeit präsentierte. Er spricht von einer «Seesanierung, mit welcher ein vorindustrieller Zustand des Weihers wieder hergestellt werden konnte».

Spezielles Pulver anstatt Bagger

Konkret meint Adrian Nufer damit, dass es nun wieder tiefblaues Wasser durch alle Schichten hindurch gibt, eine freie Wasseroberfläche und dass nun auch wieder Kleinlebewesen auf dem Weihergrund vorhanden sind. Neben der Familie Stöckli haben auch Vertreterinnen und Vertreter der umliegenden Gemeinden und über ein Dutzend Landwirte am Informationsanlass teilgenommen. Die Felder der Landwirte liegen im Einzugsgebiet des Weihers. Auch sie haben einen Beitrag geleistet, der schlussendlich zum Erfolg des Projekts geführt hat.

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Bei der sanften Weiher-Sanierung wurde ein Pulver verwendet, das die Kompostierung im Wasser fördert. Dieses Pulver erhöht den Sauerstoffgehalt im Schlamm und beschleunigt seinen Abbau. Der Prozess erfordert keine schweren Maschinen, die den Weiher stark beeinträchtigen würden. Stattdessen wird das Pulver mehrmals im Jahr von Hand von Ruderbooten aus verteilt. Unter der Leitung von Nufer und finanziell unterstützt durch den Kanton Solothurn, den Alpiq Ökofonds und die Gemeinde Bellach wurden Daten gesammelt und in Zusammenarbeit mit den Fachhochschulen HAFL Zollikofen und ZHAW Wädenswil analysiert.

Vorbildliche Zusammenarbeit mit Landwirtschaft

Zwar zeigte sich eine rasche Reduktion der Schlammschicht, doch das Problem mit den Algen schien weiterhin bestehen zu bleiben. Daher beschloss Nufer, nicht nur den Seegrund anzugehen, sondern auch die Quellen der Nährstoffe im gesamten Einzugsgebiet des Weihers zu behandeln. Dieses Gebiet umfasst 160 Hektaren in den Gemeinden Bellach, Selzach und Lommiswil, wovon 100 Hektaren von 18 Landwirten bewirtschaftet werden. Um sie für das Projekt zu gewinnen, wurde 2010 ein Landwirtschaftsprogramm ins Leben gerufen, das jährlich mit 20'000 Franken von den Gemeinden finanziert wird. Nach persönlichen Gesprächen waren alle 18 Betriebe bereit, am Projekt teilzunehmen und sind bis heute dabei. Nufer betont die Beständigkeit des Engagements trotz der teilweise neuen Generationen auf den Bauernhöfen.

Generationenprojekt

Die Kosten des Projekts beliefen sich auf insgesamt 350'000 Franken. Diese wurden mehrheitlich von drei Gemeinden übernommen. Auch Lea Schluep, Gemeindepräsidentin von Bellach, zeigt sich zufrieden mit dem Projekt. «Auch wir haben ein grosses Interesse daran, dass unser Weiher als Erholungsgebiet erhalten bleibt», sagt Schluep. Sie betont auch, dass 20 Jahre eine lange Zeit sind und das Projekt über die Amtszeit verschiedener Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten durchgetragen werden musste. «Hätte einer meiner Vorgänger die Sanierung auf diese Weise nicht gutgeheissen, wäre dies das Ende für das Projekt gewesen», so Schluep.

Sanierung des Bellacher Weihers ist ein Vorzeigeprojekt

Laut Nufer ist der Bellacher Weiher das einzige Gewässer weltweit, das erfolgreich mit katalysierenden Produkten saniert wurde, und das in Zusammenarbeit mit der örtlichen Landwirtschaft. Eine ähnliche Sanierung wurde beim Heidsee in der Lenzerheide durchgeführt, aber ohne die Beteiligung der Landwirtschaft. Warum diese Methode bisher nur im Kanton Solothurn angewendet wurde und nicht auf andere Gewässer in landwirtschaftlichen Gebieten ausgeweitet wurde, erklären einige Kantone auf Nachfrage von Nufer damit, dass die wissenschaftliche Wirkung der Methode noch nicht vollständig verstanden sei.

Das Projekt am Bellacher Weiher hat jedoch wichtige Daten gesammelt, die auf eine neue Herangehensweise hindeuten könnten. Nufer betont, dass für die erfolgreiche Umsetzung eines weiteren Projekts nicht nur wissenschaftliche Unterstützung erforderlich ist, sondern auch eine starke lokale Unterstützung, die alle Beteiligten zusammenbringt und Ausdauer zeigt.

(mgt/ckp)

veröffentlicht: 27. Februar 2024 16:52
aktualisiert: 27. Februar 2024 16:52
Quelle: 32Today

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