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Carvolution, Suteria, Kalte Lust: Darum sind diese Unternehmen erfolgreich

Unternehmenskultur

Carvolution, Suteria, Kalte Lust: Darum sind sie erfolgreich

· Online seit 25.05.2024, 12:09 Uhr
Es gibt Firmen, die sich bemühen, dass ihre Mitarbeitenden gleichzeitig produktiv und zufrieden sind. Was sind ihre Methoden? Dazu hat der Oltner Fachhochschul-Professor Ruedi Nützi ein Buch geschrieben.
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In seinem neuen Buch stellt und beantwortet Ruedi Nützi die Frage, wo wir gerne arbeiten und warum. Elf Firmen werden näher vorgestellt, darunter drei aus dem Mittelland. Der Autovermieter Carvolution aus Bannwil im Berner Oberaargau, die Confiserie Suteria in Solothurn mit Filialen in Olten und Langenthal sowie die Glacefabrikantin Kalte Lust aus Olten.

Ruedi Nützi, haben die erfolgreichen Firmen, die Sie porträtieren im Buch, etwas gemeinsam?

Ja, sie sind sich bewusst, dass die Mitarbeitenden das Wichtigste sind – man schaut für sie, sie sind das Kapital der Firma und entscheidend für den Erfolg. Der rote Faden ist, dass es die Firmen fertigbringen, dass sich die Leute auf ihre Arbeit konzentrieren können. Die Leute werden nicht abgelenkt durch Tools, die nicht funktionieren, durch Konflikte, die belasten. Man kann den Fokus auf die Arbeit richten. Besonders Grossfirmen bieten dem Personal Äpfel, Pingpongtische etc. - aber die Leute wollen arbeiten. Das Unterhaltungsprogramm ist nicht entscheidend.

Ist es überhaupt schlimm, wenn es Wechsel gibt und die Leute verschiedene Betriebe kennen lernen?

Nicht immer. Wenn Leute eine Firma zum Beispiel nach der Lehre verlassen, eine Weiterbildung machen oder noch etwas anderes sehen wollen, dann ist das gut. Es zeugt davon, dass man die Leute «grösser» machen will. Diese reden gut von der Firma und kommen vielleicht später zurück. Wenn Leute den Job wechseln, ist das an sich nicht ein Fiasko – das Problem ist zu hohe Fluktuation. Geschäftsleitungen unterschätzen die Kosten stark, die die Suche nach neuen Leuten verschlingt.

Kommen wir zu den porträtierten Firmen. Was zeichnet die Confiserie Suteria besonders aus?

Die Führungskräfte bei der Suteria sind dynamisch und empathisch zugleich. Sie zeigen hohe Wertschätzung gegenüber ihren Leuten. Sie sind innovativ und probieren Neues aus, mit dem Risiko, dass mal etwas schiefläuft. Und sie zahlen gut. Zudem haben die Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich intern weiterzuentwickeln.

Auch Traditionsfirmen können also modern sein...

Die Firma musste sich etwas überlegen, mit Solothurn alleine kannst du es vielleicht nicht machen. Die Suteria hat deshalb expandiert nach Langenthal und Olten, sie führt auch den Badi-Betrieb in Solothurn, vor allem mit Studentinnen und Studenten. Die Suteria passt sich immer wieder an, das ist eine ihrer Qualitäten.

Viele Bäckereien müssen schliessen, wie kann man sich dieser Krise entziehen?

Die Margen sind tief, wenn du Kaffee und Gipfeli verkaufst. Die heutige Suteria-Führung profitiert von der Vorarbeit der früheren Führung und entwickelt das Geschäft weiter. Das ist sicher einfacher, als auf der grünen Wiese etwas neu aufzubauen. Aber klar, Gewinne wie zum Beispiel in der Medizinaltechnik fährst du in diesem Gewerbe nicht ein.

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Zur zweiten Firma: Carvolution bietet Auto-Abos an. Warum ist das Startup in Bannwil im Oberaargau zu Hause?

Dass man auf Bannwil kam, hatte zuerst Kostengründe. Die Gründerinnen und Gründer hatten wenig Geld und mussten eine zahlbare Lokalität finden. Heute hat Carvolution auch eine Niederlassung in Zürich, es arbeiten mittlerweile 100 Leute für die Firma.

Was machen sie besonders gut bei Carvolution?

Es herrscht eine richtige Startup-Atomosphäre. Alle brennen für den Gedanken, dass man ein Auto im Abo nutzen kann, auch oder gerade weil niemand in der Branche darauf gewartet hat. Die Leute sind getrieben davon, es den Skeptikern zu zeigen. Die Löhne sind relativ tief, in den Büros gibt es keine USM-Möbel. Die Leute finden das Geschäftsmodell und die Autos gut und wollen Wachstum. Kürzlich gelang es Carvolution, 200 Millionen Franken von ausländischen Investoren aufzutreiben, das muss man erstmal fertig bringen als fünfjährige Firma.

Intern herrschen flache Hierarchien...

Die fünf Leute der Geschäftsleitung überzeugen durch inhaltliche Kompetenz, wollen Chancen wahrnehmen. Es geht nicht um Prestige und interne Machtkämpfe. Die Arbeit in der Firma ist hart, und die Energie lange hochzuhalten, ist schwierig. Aber ein paarmal pro Jahr gibt es grosse Firmenevents, das stärkt die emotionale Zugehörigkeit.

Ein drittes Beispiel aus ihrem Buch ist die Glacefirma «Kalte Lust» in Olten, was zeichnet sie aus?

Der Schweizer Glacemarkt wird von vier grossen Playern dominiert, daneben gibt es viele kleine Anbieter. Die Idee für «Kalte Lust» entstand während der Pandemie im Hotel Olten. Die Glace wird aus spezieller Milch von Jersey-Rindern aus Madiswil hergestellt, deshalb schmeckt die Glace anders. Das ist aber nur die eine Seite, die Leute von Kalte Lust haben auch Ahnung von Marketing. Sie haben es fertig gebracht, aus einer «Kellerfirma» einen Brand zu machen, der an grossen Openaris ist und den man via Pop-up-Stores in den Städten findet. Es geht also um gute Gastronomie - aber man muss auch rechnen können.

Wie schaffen es die Gründerinnen und Gründer generell, nicht auszubrennen für ihren Job, ihre Firma?

Die Leute, die in diesen KMUs Führungsverantwortung tragen, brennen für ihre Aufgabe und schauen für ihre Leute – sie können aber auch abschalten und mal sagen: Ich bin die nächsten zwei Wochen weg. Wenn du deinen Leuten vertraust als Vorgesetzter, hast du nicht endlos Arbeit. Du musst dich nicht mehr ums Tagesgeschäft kümmern, die Leute können das, wenn du ihnen Verantwortung überträgst und ihnen vertraust. Deine Aufgabe ist es, darüber nachzudenken, wo die Firma in zwei oder fünf Jahren ist – und das ist kein 70-Stunden-Job. Es ist Mumpitz zu glauben, Führung sei nur mit Arbeit ohne Ende zu bewältigen.

Fehlt es an der Ausbildung von Führungskräften in Führungsfragen? 

Das stimmt. Führung heisst in erster Linie Interesse an Menschen – nicht Interesse an Macht oder an einer hohen Position. Du willst deine Mitarbeitenden grösser machen, nicht dich selber, das ist ein einfaches «Betty-Bossi-Rezept» guter Führung.

veröffentlicht: 25. Mai 2024 12:09
aktualisiert: 25. Mai 2024 12:09
Quelle: 32Today

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