Sucht man als Lehrperson eine Stelle im Kanton Bern, so hat man die Qual der Wahl. 276 Stellen sind aktuell auf der Webseite des Kantons ausgeschrieben (Stand 24. Juni 2024). 144 Stellen werden für den normalen «Regelunterricht» gesucht, 132 Stellen für «speziellen Unterricht» wie Logopädie, Heilpädagogik und integrative Förderung.
Integrative Schule verlangt nach spezialisierten Fachkräften
Beim kleineren Kanton Solothurn präsentiert sich die Situation ein wenig besser, aber ähnlich. Um die 70 Stellen sind noch offen. Besonders auf der Primarstufe fehlen Lehrpersonen, sie machen über die Hälfte der offenen Stellen aus. Das Bild ähnelt dem im Kanton Bern. Gesucht werden insbesondere Fachkräfte für Logopädie, DAZ (Deutsch für Anderssprachige) und Klassenlehrpersonen.
Diese Fachkräfte können schlecht mit Quereinsteigern oder Berufsrückkehrern abgedeckt werden. Sie fehlen praktisch überall in der Schweiz. Es braucht sie, um das Prinzip der integrativen Schule umzusetzen. Dagegen gibt es nun politischen Widerstand der FDP auf nationaler Ebene.
Warum Klassenlehrpersonen?
«Die Elternarbeit und die Koordinationsaufgaben von Klassenlehrpersonen sind anspruchsvoller geworden», erklärt Silvia Sollberger, die Geschäftsführerin des Solothurner Lehrerinnen- und Lehrerverbands LSO, den aktuellen Mangel. Fachlehrpersonen haben es da einfacher. Sie müssen keine Elterngespräche frühen und keine integrativen sonderpädagogischen Massnahmen für die Kinder organisieren.
Extrembeispiel Pieterlen
Der Mangel an Lehrpersonen ist nichts Neues – jedes Jahr um diese Zeit sind die Probleme dieselben. Doch sie nehmen von Jahr zu Jahr zu, wie die Zahlen zeigen. Die bestehenden Lehrpersonen versuchen mit viel Engagement, die Situation aufzufangen – doch irgendwann bricht das Kartenhaus zusammen.
So wie in Pieterlen im Berner Seeland. Der Druck auf das Schulsystem wurde zu gross: Eltern, Lehrerschaft, Schulleitung und Politik liegen sich in den Haaren – die Stellen in der Primarschule können für das Schuljahr 24/25 vielleicht zum ersten Mal nicht besetzt werden. Der Ruf der Schule ist ruiniert. Die Leidtragenden sind die Kinder.
Sorge tragen zu bestehenden Lehrpersonen
Die Situation dürfte sich so schnell auch nicht bessern. Darum rät Mathias Stricker, Präsident der LSO, den Schulen, zu den bestehenden Lehrpersonen Sorge zu tragen. Denn wenn sie einmal weg seien, werde die Neubesetzung der Stelle schwierig, wie er gegenüber SRF sagte.
Dabei helfe es offenbar inzwischen auch nicht mehr, dass der Kanton Solothurn mehr bezahlt als der Nachbarkanton Bern. Der Mangel an Lehrpersonen ist im Verhältnis zur Grösse bei beiden Kantonen ähnlich, wie die aktuellen Zahlen zeigen.
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