Mittelland

Kritik an Flury Bäckerei: Bedeuten mehr Filialen auch schlechtere Qualität?

Mythen und Wahrheiten

Kritik an Flury Bäckerei: Je mehr Filialen, desto weniger Qualität?

· Online seit 21.06.2024, 06:24 Uhr
«Wenn ich Fabrikware will, kann ich in den Supermarkt gehen», schreibt eine Leserin unter dem Facebook-Beitrag zur neuen Flury-Filiale in Biberist. Viele Leute kritisieren grössere Bäckereien und sprechen ihnen die Qualität ab. Wir sind der Sache auf den Grund gegangen.
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Kleine Dorfbäckereien bedeuten Regionalität und somit Qualität. Umso grösser die Bäckereien, desto schlechter das Mehl und schluderiger die Arbeit – das behaupten zumindest manche Kundinnen und Kunden. Wir sind den Mythen auf den Grund gegangen.

«Umso grösser die Bäckereien werden, desto mehr leidet die Qualität»

Tim Morgenthaler ist Verkaufsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung der Flury Bäckerei, die erst kürzlich eine neue Filiale in Biberist eröffnet hat. Auf dem Facebook-Kanal von 32Today wurde die Bäckerei in den Kommentaren stark für ihre Expansion kritisiert. «Schade um die kleinen Bäckereien, die noch Qualität, die schmeckt, herstellen», schreibt beispielsweise eine Userin. «Umso grösser die Bäckereien werden, umso mehr leidet die Qualität», kommentiert ein User. Doch sind die Backwaren einer Bäckerei mit mehreren Filialen wirklich mit Fabrikware zu vergleichen?

Tim Morgenthaler kann das mit gutem Gewissen verneinen. «Wir arbeiten nach wie vor mit Mehl der Mühle Aeschlimann in Lotzwil und manchen Spezialmehlen der Mühle Landshut. Das machen wir seit Jahren so, daran hat sich nichts geändert», sagt er. Auch die Herstellung des Brotes könne man nicht mit der eines Gebäcks aus dem Supermarkt vergleichen. «Supermarkt-Brot wird hauptsächlich maschinell hergestellt; es gibt nicht viele Hände, die diesen Teig berühren». Anders bei der Bäckerei: «Wir haben bessere Rezepturen, diese Maschinen können nicht mit jedem Teig arbeiten. Wir schon».

Bekommt der Teig zu wenig Ruhezeit?

Ein anderes Argument, dass Morgenthaler öfters höre, sei, dass Teiglinge bei ihnen weniger Ruhezeit bekämen als in kleineren Bäckereien. «Es besteht die Annahme, dass grössere Bäckereien mehr Ware produzieren müssen in weniger Zeit», erklärt er den Vorwurf. Das stimme aber so nicht: Es werde mehr Ware produziert in derselben Zeit wie vorher. «Unsere Teige ruhen genau gleich lang wie bei kleineren Bäckereien», entschärft er dieses Argument. Es sei nicht weniger Zeit vorhanden, da im Verhältnis zur grösseren Menge auch mehr Menschen in der Backstube arbeiten würden.

Das kann auch Christian Muralt, der Präsident des Bäcker-Confiseur-Verbands Bern-Solothurn, bestätigen: «Bei den grossen Bäckereien ist der ganze Prozess sogar sehr gut überwacht mit Temperaturen und Zeiten, die eingehalten werden müssen». So werde sichergestellt, dass man dieselbe Qualität über lange Zeit genau gleich hinbekommt.

Auch was die Zusatzstoffe im Mehl betrifft, hätten sich die Bäckereien über die Jahre immer mehr von diesen verabschiedet. «Durch die längeren Ruhezeiten der Teige, ist man von den Zusatzstoffen weggekommen. Früher hat man alles, was man an Zeit gespart hat, mit einem Trockenhebel wieder wettgemacht. Das ist heutzutage nicht mehr nötig».

Gebäck wird eingefroren und aufgebacken

Die Bäckereiproduktion von Flury befindet sich in Koppigen. Dort werden Brote, Süsswaren und andere Gebäcke produziert. Anschliessend werden die Teiglinge tiefgefroren und in die jeweiligen Filialen gefahren, wo sie dann vor Ort frisch aufgebacken werden können. Das, damit die jeweilige Filiale auf die tägliche Nachfrage reagieren kann.

«Und das Einfrieren von Teiglingen», fügt Morgenthaler an, «ist ein normales Vorgehen, welches auch kleinere Bäckereien so anwenden». Geschmacklich könne der Endkonsument keinen Unterschied feststellen, ob der Teigling als Zwischenschritt noch eingefroren wurde oder nicht.

Auch dem kann Christian Muralt, der selber 25 Jahre lang eine Bäckerei in Ostermundigen geführt hatte, zustimmen. «Wir haben da auch von gewissen Produkten einfach eine Wochencharge hergestellt und dann jeden Tag frisch gebacken», erzählt er. Diese Gefriertechnik erlaube bessere Arbeitsbedingungen für Mitarbeitende in der Produktion. Denn: Mitten in der Nacht aufzustehen, um in die Backstube zu gehen, sei heutzutage nicht mehr üblich.

veröffentlicht: 21. Juni 2024 06:24
aktualisiert: 21. Juni 2024 06:24
Quelle: 32Today

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