143'046 Franken – das ist die horrende Summe, die die Verwaltung von den Bewohnern der 36 Wohnungen an der Sonneggstrasse in Huttwil fordert, für Nebenkosten der letzten drei Jahre. Zwischen 2000 und 18000 Franken sollen die einzelnen Mieterinnen und Mieter nachzahlen. «Ich dachte, die spinnen», sagt einer der Bewohner. Auch Sabine Meier vom Mieterinnen- und Mieterverband Kanton Bern, mit Streitigkeiten in Mietverhältnissen jeden Tag konfrontiert, ist baff.
«Muss von einem Fehler ausgehen»
Die Nachforderungen der Verwaltung seien exorbitant hoch, sagt Meier. Die hohen Kosten erklärt sie sich mit den gestiegenen Energiekosten in den letzten Jahren. Aber darf der Vermieter drei Jahre später noch einkassieren?
Ja, er darf. Grundsätzlich können Vermieter sogar bis zu fünf Jahre später noch Nachzahlungen fordern. Professionelle Verwaltungen rechnen aber einmal im Jahr ab, und als Mieter hat man das Recht, nach den tatsächlichen Kosten zu fragen. Das Spezielle am Fall in Huttwil: Die Mieter haben mehrmals nachgefragt, aber nie eine Antwort erhalten. «Die Nachforderungen sind so krass, dass man von einem Fehler ausgehen muss», sagt Sabina Meier.
Einzelfall oder neue Masche?
Die Mieter werfen dem Vermieter Crowdhouse aus Zürich vor, Wohnungen absichtlich günstig angeboten zu haben, um Wohnungssuchende anzulocken und später über die Nebenkosten eine höhere Rendite zu erzielen. Ausserdem hat diese Verwaltung offenbar auch anderswo in der Schweiz erst mit grosser Verspätung Nebenkosten eingefordert, wie der Blick berichtet. Ob aus Überforderung oder mit Kalkül, bleibe dahingestellt.
Crowdhouse weist die Vorwürfe zurück, gesteht aber indirekt Fehler ein. Erfahrungswerte zu den Betriebskosten der Liegenschaft in Huttwil seien nicht vorhanden gewesen. Man bedaure, die riesige Differenz erst so spät bemerkt zu haben.
Dass das Vorgehen von Crowdhouse in der Branche eine weitverbreitete Masche ist, kann Sabina Meier nicht bestätigen. Wenn so ein Vorgehen salonfähig wäre, dann würde es öfters solche Geschichten wie in Huttwil geben, was zum Glück nicht der Fall sei. «Man darf alles in Rechnung stellen, was auch belegt werden kann. Das ist in Huttwil aber nicht der Fall.»
Als Mieter kann man sich wehren
«Grundsätzlich kann man als Mieter immer etwas gegen solche Forderungen machen. Man darf Einsicht in die Belege verlangen und Erklärungen für die hohen Kosten fordern», sagt Meier. Kann der Vermieter keine Belege liefern, bleibt immer noch der Weg vor die Schlichtungsbehörde. Genau wie es die Bewohner in Huttwil gerade planen.
Die Rechtsmittel seien innerhalb des Mietrechts damit noch nicht ausgeschöpft, die Schlichtungsbehörde ist nur die erste Instanz. Kann die Verwaltung ihre horrenden Nachforderungen nicht belegen, dürften die Mieter in Huttwil gute Chancen haben, die ruinösen Nachforderungen via Rechtsweg zu bodigen.
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