Mittelland
Oberaargau

Tamedia streicht «Langenthaler Tagblatt»: Was das für den Oberaargau bedeutet

Sparmassnahmen Tamedia

Bye Bye «Langenthaler Tagblatt»

18.09.2024, 11:35 Uhr
· Online seit 18.09.2024, 11:21 Uhr
Tamedia spart und baut Stellen ab. Eine Folge davon ist, dass der Split der «Berner Zeitung» mit dem Namen «Langenthaler Tagblatt» verschwindet. Es ist das Ende einer langen Geschichte.
Anzeige

Die Oberaargauer haben im Kanton Bern seit jeher einen schweren Stand. Die Region wird in der Kantonshauptstadt gerne ein wenig vergessen, so jedenfalls die regelmässigen Wortmeldungen von Oberaargauer Politikerinnen und Politikern. Für den (vielleicht durchaus berechtigten) Minderwertigkeitskomplex der Oberaargauer ist die neuste Mitteilung von Tamedia Gift. Im Laufe des nächsten Jahres wird der BZ-Split «Langenthaler Tagblatt» mit der Ausgabe «Emmental» der Berner Zeitung zusammengelegt. Der geschichtsträchtige Name «Langenthaler Tagblatt» verschwindet also 2025.

Künftig steht das drauf, was drin ist

Die geplante Veränderung hat wohl vor allem einen psychologischen Wert. Darüber, wie viel Langenthal und Oberaargau tatsächlich noch drin war im «Langenthaler Tagblatt», wurde des Öfteren in den Kommentarspalten auf Social Media diskutiert.

Machen wir die Probe aufs Exempel und nehmen die Ausgabe vom 17. September zur Hand. Auf der Front geht es um Biden und Harris (USA), und die Pädagogische Hochschule (Bern) und um einen Campingplatz in Gampelen (Seeland). Dazu YB vor dem grossen Spiel in der Champions League, eine Seeländerin an der Berufsmeisterschaft in Lyon und ein neuer Film von zwei Zürchern. Die einzige regionale Geschichte im Regionalteil ist die eines Oberaargauers, der auf einem Swiss Flug geraucht hat und deswegen nun vom Gericht zu einer Busse verdonnert wurde. Das wars. Und damit ist eigentlich auch schon alles gesagt. Die BZ-Redaktion in Langenthal verwaist seit Jahren; die Entscheidungen werden in Burgdorf und Bern getroffen. Der Titel der Zeitung war zuletzt nicht viel mehr als ein Feigenblatt.

Der verlängerte Arm des Emmentals?

Wie fast immer, wenn der Oberaargau zu kurz kommt, steckt dahinter keine böse Absicht. «Die Schwächschte nimmts», würde man am Stammtisch im Langenthaler Rebstock sagen. Und im Kanton Bern ist das eben häufig der Oberaargau. Übertragen auf die Medienlandschaft, Tamedia und die Berner Zeitung heisst das: Wenn das Geld aus den Werbeeinnahmen fehlt (hallo Google, Facebook & Co.), dann wird zuerst im Oberaargau gespart.

Von Bern aus gesehen ist der Oberaargau wohl so etwas wie der verlängerte Arm des Emmentals. Dabei kommt das Emmental selbst auch nicht gerade gut weg, wie das jüngste Beispiel des geplanten Bildungscampus in Burgdorf zeigt, der vom Kanton gestrichen wurde. Nach Bern kommen Biel, Thun und das Oberland – und dann lange nichts. Soweit zumindest die allgemeine Gefühlslage.

Weniger geht immer

Mit dem Verschwinden des «Langenthaler Tagblatts» vollzieht Tamedia im Grunde das, was im Hintergrund längst schon vollzogen wurde. Die Berichterstattung wird auf das absolute Minimum zurückgefahren. Wobei man hier vorsichtig sein sollte. Wie die Erfahrung der letzten Jahre in der Medienbranche zeigt: Weniger geht immer. Das gilt auch für die Konkurrenz von Ringier und CH Media, zu der dieses Nachrichtenportal gehört.

Wer nun die Medien für die Misere verantwortlich macht, macht es sich zu einfach. Fast alle Menschen mögen gute Geschichten aus der Region. Nur bezahlen dafür möchten die meisten nicht. Lange war man durch die Querfinanzierung aus den Werbeeinnahmen verwöhnt, was vergleichsweise günstige Abo-Preise ermöglichte. Echter Journalismus zum Volltarif kostet mehr, als die meisten Leserinnen und User bereit sind, zu bezahlen. Das musste unter anderem auch die «Republik» letztens schmerzlich feststellen.

Wo bleiben die Alternativen?

Wer im Oberaargau gerne regionale Geschichten auf gedrucktem Papier lesen möchte, der landet angesichts der aktuellen Entwicklungen früher oder später beim Unter-Emmentaler, der immerhin noch zweimal die Woche erscheint. Er ist inzwischen laut eigenen Angaben «die einzige vollkommen unabhängige, abonnierte Lokalzeitung im Kanton Bern». Das sagt einiges aus. Weniger über den Unter-Emmentaler, als vielmehr über den Rest der Medienlandschaft.

Scan den QR-Code

Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.

veröffentlicht: 18. September 2024 11:21
aktualisiert: 18. September 2024 11:35
Quelle: 32Today

Anzeige
Anzeige
32today@chmedia.ch