Mittelland
Olten / Zofingen

Zwischen Oensingen und Kestenholz in der Nacht Fussgängerin überfahren – Autofahrer wird freigesprochen

Oensingen – Kestenholz

In der Nacht Fussgängerin totgefahren – Freispruch

· Online seit 31.05.2024, 10:05 Uhr
Im Herbst 2022 war eine Fussgängerin in der Nacht zwischen Oensingen und Kestenholz zu Tode gekommen, als sie von einem Auto angefahren wurde. Der Lenker sollte wegen fahrlässiger Tötung büssen, nun wurde er freigesprochen.
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Der Lenker fuhr im September 2022 an einem frühen Donnerstagmorgen von Kestenholz Richtung Oensingen zur Arbeit. Es war stockdunkel, als auf der Ausserortsstrecke plötzlich eine Frau vor seinem Auto auftauchte. Der Mann versuchte noch auszuweichen, doch vergeblich. Sein Wagen erfasste die Fussgängerin mit der linken Stossstange – die 45-Jährige verstarb noch auf der Unfallstelle.

Wegen dieses Unfalls stand der Mann nun diese Woche vor dem Amtsgericht Thal-Gäu in Balsthal wegen fahrlässiger Tötung. Die Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren zunächst eingestellt, auf Drängen der Opferfamilie aber wieder aufgenommen. Per Strafbefehl verurteilte die Staatsanwaltschaft den heute 58-jährigen Lenker zu einer bedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen und zu den Verfahrenskosten.

Fehlende Aufmerksamkeit?

Der Mann habe den Unfall «wegen fehlender Aufmerksamkeit» verursacht, so die Schlussfolgerung der Staatsanwaltschaft. Der Unfall sei vorhersehbar und vermeidbar gewesen, bei pflichtgemässem Verhalten hätte er die Frau rechtzeitig bemerkt.

Der Angeschuldigte akzeptierte dieses Urteil nicht, deshalb kam es nun zum Gerichtsprozess. Die Verteidigung argumentierte gemäss «Oltner Tagblatt», nicht jeder Unfall sei auf fehlende Aufmerksamkeit eines Beteiligten zurückzuführen. Der Lenker habe die Frau gar nicht rechtzeitig sehen können. Der Angeschuldigte selbst betonte gegenüber dem Amtsgericht sein Bedauern, machte sonst aber keine weiteren Aussagen.

Freispruch auf ganzer Linie

Das Todesopfer stand beim Unfall unter Medikamenten-, Alkohol- und Drogeneinfluss und war dunkel gekleidet. Offenbar wollte sie per Autostopp weiter. Kurz vor dem tödlichen Zusammenprall hatte schon ein anderer Lenker eine Kollision nur mit Mühe vermeiden können.

Die Einzelrichterin am Amtsgericht Thal-Gäu sprach den Angeschuldigten frei. Kein Autofahrer müsse bei Dunkelheit zu dieser Zeit an diesem Ort mit einer unverhofften Erscheinung auf der Fahrbahn rechnen, sagte sie. Das Opfer habe sich aufgrund ihres Zustands nicht an die für Fussgängerinnen geltenden Verkehrsregeln gehalten. Auch wenn das Bundesgericht in ähnlichen Fällen sehr streng war, gebe es hier «keinen Platz für eine Verurteilung». Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann ans Solothurner Obergericht weitergezogen werden.

Verurteilung trotz Suizid-Absicht

In ähnlich gelagerten Fällen kannten die Gerichte in der Vergangenheit manchmal keine Gnade. 2017 etwa wurde ein Lenker verurteilt, weil er im Jahr zuvor auf der Autobahn A6 bei Lyss eine Frau in der Nacht überfahren hatte, die sich in suizidaler Absicht auf die Fahrbahn gelegt hatte. Mit Personen auf der Fahrbahn müsse man immer rechnen. Warum sie dort seien, spiele keine Rolle, hielt das Regionalgericht Biel-Seeland damals fest.

(mj/OT)

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veröffentlicht: 31. Mai 2024 10:05
aktualisiert: 31. Mai 2024 10:05
Quelle: 32Today

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