Mittelland
Solothurn / Grenchen

Feuerteufel Wasseramt: So war die Stimmung im Gerichtssaal

Zwischen Freunden und Feinden

So war die Stimmung beim «Feuerteufel»-Prozess

18.09.2024, 08:23 Uhr
· Online seit 17.09.2024, 17:22 Uhr
Am Montag war der mutmassliche Feuerteufel vom Wasseramt vor Gericht. Die Bänke waren rappelvoll. Von guten Freundinnen des Angeklagten bis zu seinen grossen Feinden schien alles dabei zu sein. Mittendrin: unsere Praktikantin.
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Neu bei 32Today und gleich beim wohl wichtigsten Gerichtsprozess der letzten Jahre dabei. Was für eine Gelegenheit. Noch dazu als Beobachterin in der zweiten Reihe bei den Personen im Publikum. Was ich wusste: Der Angeklagte soll 12 Brände in der Region gelegt haben und war in der Feuerwehr tätig. Bereits das Gedränge vor dem Gerichtssaal am frühen Montagmorgen liess darauf schliessen, dass es sich hier um einen etwas anderen Prozess handeln würde. Die Betroffenheit bei den Anwesenden im Publikum war spürbar. Aufgeregt ging ich die Stufen hoch und nahm Platz. Mit meinen 19 Jahren war ich wohl die Jüngste im Gerichtssaal.

Gegenwind für den Verdächtigen

Die Tribüne war voll, bis auf einen Platz waren alle besetzt. 39 Leute wollten es sich nicht entgehen lassen, wie der mutmassliche Täter von der Staatsanwaltschaft sein Fett wegbekommen würde. Einigen Anwesenden soll der Angeklagte mit seiner Brandstiftungen direkt und massiv geschadet haben.

Wann immer der Angeklagte sich nicht zu verteidigen wusste, ging ein spöttisches Lachen durch die Tribüne. Zum Beispiel, als der Gerichtspräsident ihn fragte, wie er sich seine Handydaten erklärte. Diese wiesen daraufhin, dass er bei der Hornusserhütte gewesen war, als diese entflammte. Darauf konnte er nur mit einem erschlagenen «weiss nicht» antworten. Ich beobachtete beim Publikum auch gelegentliches Kopfschütteln und Stirnlangen und hin und wieder waren Seufzer zu hören.

Ein Pärchen, das direkt links von mir sass, ärgerte sich besonders über den mutmasslichen Feuerteufel. Die Frau nahm mit der Zeit schon fast die Rolle einer Kommentatorin ein, indem sie fast jeden Satz des Verdächtigen mit einem «Nein» oder einem «Pff» quittierte. Ihr Mann, mit dem sie immer wieder tuschelte und Händchen hielt, schien ihr zuzustimmen.

Zeugin im Publikum 

Der mutmassliche Täter hatte aber nicht alle gegen sich. Eine gute Freundin von ihm erschien als Zeugin. Ihr war es wichtig, dass das Gericht wusste, wie sie ihn privat wahrgenommen hatte. Er sei ein geselliger Typ, der gut zuhöre und nachfrage.

Nachdem die Zeugin ihre Perspektive geteilt hatte, gesellte sie sich zum Publikum. Dabei ignorierte sie tapfer die vorwurfsvollen Blicke, mit denen einige Zuschauende sie durchbohrten. Sie setzte sich auf den letzten freien Platz, der fast neben mir war. Zwischen uns sass mutmasslich ihr Mann, den sie bei den Aussagen ab und zu erwähnt hatte und nun ihre Hand hielt.

Anspannung bei den Zuschauenden

So sass rechts von mir ein befreundetes Paar des mutmasslichen Täters, von dem sich eine Partei gerade vor Gericht für ihn starkgemacht hatte, und links ein Paar, welches den mutmasslichen Feuerteufel wohl am liebsten heute noch hinter Gittern gesehen hätte.

Jener sass mit hängendem Kopf im Saal. Er trug einen grauen Anzug und eine Brille, seine kurzen Haare hatte er zur Seite gegelt. Die Fragen des Gerichts beantwortete er mit einigermassen selbstbewusster Stimme, jedenfalls wenn er eine halbwegs plausible Antwort zu bieten hatte. Sobald er das erledigt hatte, starrte er nur noch vor sich hin. Zwischendurch sah es sogar aus, als hätte er die Augen geschlossen. Nur selten blickte er auf.

Ich sah sein Gesicht nur von der Seite, trotzdem glaubte ich, darin einen Funken Scham zu erkennen. Seine Körperhaltung war gebeugt, sie vermittelte Hoffnungslosigkeit. Das ist auch kaum verwunderlich. Die Indizien sind erdrückend. Handydaten, DNA Spuren und Videoaufnahmen sprechen gegen ihn.

Am Freitag solls weitergehen

Das Gericht hat angekündigt, am Freitag das Urteil bekanntzugeben. Mit jenen, die das fällen müssen, möchte ich auf keinen Fall tauschen. Ich beobachte das Geschehen weiterhin lieber von aussen und bin gespannt, was herauskommt.

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veröffentlicht: 17. September 2024 17:22
aktualisiert: 18. September 2024 08:23
Quelle: 32Today

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