Quelle: TeleZüri / Beitrag vom 23. Juni 2023
Plötzlich sind die Tage im Bundesrat für Alain Berset gezählt. Am Mittwoch kündigte der Innenminister seinen Rücktritt per Ende Jahr an. Er habe drei Legislaturen hinter sich und sei zweimal Bundespräsident gewesen, sagte der amtierende Bundespräsident an einer Medienkonferenz. Der Rücktritt sei der richtige Schritt. Er sei jetzt 51 Jahre alt und sei während 12 Jahren in diesem Amt gewesen. «Ich war noch nie so lange im selben Job», sagte er schmunzelnd.
2003 ergatterte Berset für den Kanton Freiburg einen Sitz im Ständerat, den er 2008 und 2009 präsidierte. 2012 wurde Berset Mitglied der Landesregierung. Vom Alter her ist er das jüngste Mitglied im Bundesrat, von den Amtsjahren her das älteste.
Schlussstrich nach Covid-Bewältigung
Als Gesundheitsminister führte Berset die Schweiz durch die Pandemie, die das Land 2020 erfasste. Am Sonntag gewann Berset zum dritten Mal die Abstimmung über das Covid-19-Gesetz. Dieser Erfolg bewog ihn dazu, einen Schlussstrich zu ziehen. «Die dritte Abstimmung für dieses Gesetz ist das Ende der Covid-Bewältigung», erklärte er am Mittwoch vor den Medien.
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Zu seinen Kernaufgaben als Innenminister gehörte auch die Sanierung der Altersvorsorge. Einen historischen Durchbruch erzielte Berset im September 2022, als das Stimmvolk Ja sagte zur AHV-Reform. Erstmals seit 27 Jahren stimmten die Bürgerinnen und Bürger damit einer Reform des wichtigsten Sozialwerks zu. Eine grosse Herausforderung in seinem Amt als Gesundheitsminister boten immer wieder die steigenden Prämien. In den letzten Jahren musste Berset mehrere Prämien-Schocks verkünden.
Ex-Geliebte, Handy-Antenne und verbotener Flug
Mit dem Ende der Pandemie begann Bersets Karriere zunehmend zu bröckeln. Verschiedene Ereignisse, die ans Licht kamen, setzten ihn unter Druck. 2020 wurde eine Erpressungs-Affäre publik. Im Jahr 2019 verlangte eine Ex-Geliebte vom verheirateten Familienvater 100'000 Franken mit der Drohung, ansonsten die Beziehung öffentlich zu machen.
Für negative Schlagzeilen sorgte der Bundesrat auch im Zusammenhang mit einem Flug im schweizerisch-französischen Luftraum. Die französische Luftpolizei zwang Berset, der eine Pilotlizenz hat, zur Landung, nachdem er kurzzeitig ein Sperrgebiet überflogen hatte. Auch geriet er wegen seines privaten Kampfs gegen eine Handy-Antenne ins Kreuzfeuer der Kritik.
Er bereue wenig
Erneute Negativ-Schlagzeilen bescherten Berset Anfang Jahr die Corona-Leaks. So wurde seinem ehemaligen Kommunikationschef Peter Lauener vorgeworfen, Ringier-CEO Marc Walder und damit den «Blick» vorab mit Informationen zur Coronapolitik des Bundesrats versorgt zu haben.
Trotz allem zog der zurücktretende Bundesrat am Mittwoch vor den Medien eine positive Bilanz. Er sei stolz auf vieles und bereue wenig, sagte er. «Ich glaube, dass ich gemacht habe, was ich konnte.» Er habe als Gesundheitsminister eine «reelle Krise gemeistert, die alle betroffen hat».