Schweiz

SRF schreibt Praktikumsstellen en masse aus

Sparmassnahme

SRF sucht zuhauf Praktikantinnen und Praktikanten

· Online seit 03.06.2024, 07:59 Uhr
Das Schweizer Radio und Fernsehen hat aktuell fast nur Praktikumsstellen ausgeschrieben. Eine ehemalige Mitarbeiterin sorgt sich um die Qualität. «Die SRG kann nicht klotzen», entgegnet GLP-Nationalrätin Barbara Schaffner.
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Susanne Wille führt die SRG in die Zukunft. Der Erfolg der neuen Generaldirektorin des grössten Schweizer Medienhauses wird auch von der Arbeit zahlreicher Praktikantinnen und Praktikanten abhängen. Am Freitag waren auf dem Job-Portal des Schweizer Radio und Fernsehens über ein Dutzend Stellen ausgeschrieben – dabei handelte es sich bis auf eine ausschliesslich um Praktikumsstellen.

Das Unternehmen sucht etwa Praktikanten für die Club-Redaktion, die Abteilung Kulturplatz, die Wissensredaktion Einstein oder für das Regionaljournal Zürich Schaffhausen. Die Stellenpensen reichen von 60 bis 100 Prozent. Nach sechs Monaten ist Schluss.

Eine ehemalige SRF-Mitarbeiterin, die anonym bleiben will, spricht von einer «beeindruckend langen Liste von Praktikantenstellen». Sie fragt sich, ob das Unternehmen bald überwiegend von Studienabgängern bevölkert sein wird. Tatsächlich setzen die Stelleninserate für die Praktika lediglich ein Studium oder ein bereits abgeschlossenes Studium voraus. Erste journalistische Erfahrungen sind ideal, aber keine Pflicht.

«Zwei Drittel sind Praktika»

«Was heisst das für die Qualität der Produkte und Leute, die Erfahrung haben?», sagt die ehemalige Mitarbeiterin. Sie vermutet, dass die SRG auf diese Weise Kosten sparen will. Es sei auffällig, dass Praktikumsstellen klar überwiegen würden und im Verlauf zunähmen. «Zu zwei Dritteln handelt es sich bei den ausgeschriebenen Stellen jeweils um Praktika», schätzt sie.

Sie frage sich, wie ein Medienunternehmen mit einem hohen journalistischen Standard unterwegs sein möchte, sagt die Journalistin. Schliesslich bedürften Praktikanten einer sorgfältigen Einführung und Begleitung. «Wenn das Thema Sparen thematisiert wird, stelle ich mir die Frage, ob dieses Vorgehen wirklich nachhaltig ist.»

Praktikanten seien der günstigste Weg

Die SRG hat auf 2025 weitere Sparmassnahmen und einen Stellenabbau angekündigt. SRF-Direktorin Nathalie Wappler rechnet mit einer Sparsumme in der Höhe eines einstelligen Millionenbetrags. Die Halbierungsinitiative setzt die SRG zusätzlich unter Druck. Der Gegenvorschlag von Medienminister Albert Rösti sieht vor, die Abgabe bis 2029 von 335 Franken auf 300 Franken pro Jahr zu senken. Die SRG warnte, dass in diesem Falle bis 2027 ein Abbau von rund 900 Stellen drohe.

Sowohl für Befürworter als auch Gegner der Halbierungsinitiative deuten die vielen ausgeschriebenen Praktika auf eine Sparmassnahme der SRG hin. «Die SRG kann einfach nicht klotzen, auch wenn Qualität einen fairen Preis haben soll», sagt die Zürcher GLP-Nationalrätin Barbara Schaffner. Es sei ehrlicher und nicht das Dümmste, in der jetzigen Situation die Lücken mit Praktikantinnen und Praktikanten auszufüllen. «Alles andere würde von den Befürwortern der Halbierungsinitiative gleich als Munition gebraucht.»

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Auch Marcel Dobler, FDP-Nationalrat und Co-Präsident Mitglied der SRG-Initiative «200 Fr. sind genug!», erachtet als notwendig, dass die Personalkosten nicht mehr wachsen. «Die Kosten müssen reduziert und es darf nicht ausgebaut werden», sagt er. Praktikantinnen und Praktikanten seien der günstigste Weg. Zu den möglichen Folgen der Arbeit von Praktikanten auf die SRG-Produkte will sich Dobler nicht äussern. Zuerst müsse man wissen, wie das Verhältnis zwischen der Anzahl Praktikanten und Festangestellter, Bereiche und Stellenbeschrieb aussehe. «Nur aufgrund von ausgeschriebenen Stellen über ein Unternehmen zu urteilen, ist völlig unseriös.»

SRF setzt Sofortmassnahme um

Die SRF-Medienstelle bestätigt auf Anfrage, weniger Stellen zu besetzen. SRF habe die angesprochenen Sparziele 2023 frühzeitig erreicht und deshalb den weiteren Stellenabbau zu diesem Zeitpunkt sistiert, sagt ein Mediensprecher. Parallel dazu habe der Stellenaufbau für die digitale Transformation weitergehen können. Dies sei nun nicht mehr möglich.

«Wie SRF im März angekündigt hat, sind weitere Kosten- und Stellenreduktionen nötig, um ab 2025 weiterhin ein ausgeglichenes Budget zu erreichen», sagt der Mediensprecher. Aktuell würden die entsprechenden Kosten- und Stellenreduktionen erarbeitet. «Als Sofortmassnahme ist SRF deshalb bei der Wiederbesetzung von vakanten Stellen zurückhaltend, weshalb aktuell extern weniger Stellen ausgeschrieben sind als in den Vormonaten.»

Die SRF-Medienstelle verneint jedoch, mehr Praktikumsstellen als üblich auszuschreiben. «Die Anzahl der ausgeschriebenen Praktikumsstellen liegt im üblichen Rahmen», sagt ein Sprecher. Auch planten sie nicht, das Angebot an Plätzen für Kurz-Stages zu erhöhen.

veröffentlicht: 3. Juni 2024 07:59
aktualisiert: 3. Juni 2024 07:59
Quelle: ZüriToday

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