Quelle: ArgoviaToday / Severin Mayer
Schnell das Handy zücken und ein Foto von einer Person machen, und dann ab: verschicken, posten, verbreiten – ohne die Person zu fragen. In der heutigen Zeit gibt es praktisch keine Orte mehr, an denen Personen von klickenden Handykameras verschont bleiben. Besonders prekär: Wenn Fotos oder Videos aufgenommen werden, wenn sich Personen in einer beschämenden oder anzüglichen Situation befinden.
Gesäss von Influencerin fotografiert
Ein solches Erlebnis hat die Aargauer Fitness-Influencerin Simona Coppola («Simsallagym») am Sonntag in einem Video publik gemacht. An den Swiss Influencer Awards vom Samstagabend habe ein Mann ihr Gesäss fotografiert, während sie für ein Interview Kniebeugen gemacht habe.
Den Mann habe sie zur Rede gestellt und ihn gebeten, die Fotos zu löschen. Das tat dieser – die Fotos hatte er aber bereits in sechs Chats verbreitet. Auch seien Fotos von anderen Frauen am Anlass auf dem Handy gewesen, berichtet Coppola.
Das Video der Influencerin löste zahlreiche Reaktionen aus. Frauen berichteten in den Kommentaren von ähnlichen Erlebnissen. «Finde es mega stark von dir, dass du etwas gesagt hast und den Mut gefunden hast, das zu posten! Ich glaube, ich rede im Namen aller Girls, denen das auch schon passiert ist und die sich nicht trauten, etwas dagegen zu machen!», schreibt eine.
Einige schlagen Coppola vor, den Mann anzuzeigen. «Anzeige bitte», schreibt jemand. Oder: «Expose und azeige.» Gegenüber der Today-Redaktion sagte Coppola, dass sie den Mann zum jetzigen Zeitpunkt nicht anzeigen möchte. Doch könnte sie diesen überhaupt anzeigen? Wie können Menschen, die sich in einer solchen Situation befinden, handeln?
«Mann macht sich nicht strafbar»
Für Urs Saxer, Medienrechtsprofessor, ist der Fall klar: «Der Mann macht sich nicht strafbar», erklärt er im Gespräch mit der Today-Redaktion. Das Problem an der ganzen Geschichte sei, dass Coppola auf den Bildern nicht erkennbar sei, weil der Mann sie von hinten fotografiert habe. «Das Recht am eigenen Bild gilt nicht, wenn man nicht erkennbar ist», so Saxer. Ausserdem sei es eine öffentliche Situation.
Coppola, die selbst Jura studiert, schreibt denn auch in den Kommentaren, dass es strafrechtlich nicht per se strafbar sei. «Man kann nichts machen», so die Influencerin.
«War es ein Fan oder ist es creepy?»
Martin Steiger, Rechtsanwalt für Recht im digitalen Raum, sieht die Situation etwas anders. «Es ist klassisch persönlichkeitsverletzend», sagt er. Grundsätzlich bestimme jede Person selbst, wann sie fotografiert und gefilmt werde – und wofür das Material verwendet werde. Wer sich in die Öffentlichkeit begebe, müsse zwar akzeptieren, dass Fotos gemacht würden, mit denen man nicht einverstanden sei. Jedoch: «Eine Frau, die ihren Körper in der Öffentlichkeit zeigt, muss nicht alles akzeptieren.»
Es ist laut Steiger ein Grenzbereich: «Ist es unerwünscht, gesellschaftlich nicht akzeptabel – oder rechtlich nicht erlaubt?» Das Problem sei auch das Gesamtbild: «War es ein Fan, der fotografierte oder ist es creepy?»
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Steiger ergänzt: «Sobald das Bild gelöscht ist, ist der Fall abgeschlossen. Wenn nicht, trifft man sich vor dem Friedensrichter und danach vor dem Gericht.»