Schweiz

Wespen im Kanton Zürich: Fakten und Tipps für den Umgang

Insekten

«Wespen sind keine Bestien» – Experte klärt über fiese Mythen auf

· Online seit 19.07.2024, 04:45 Uhr
Im Sommer summt und fliegt es in der Natur und auf dem heimischen Sitzplatz. Ist das, was rumfliegt gelb und schwarz, kriegen viele Menschen Panik. Experte David Hablützel erklärt, wieso diese Angst unbegründet ist und man nicht gleich das Haus in die Luft jagen soll.
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David Hablützel ist Experte, wenn es darum geht, Wespen, Bienen Hornissen, Hummeln oder auch Amphibien umzusiedeln und Tipps zum Umgang mit den Tierchen zu geben. Mit der professionellen Umsiedlung tragen er und sein Team einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Umwelt und der Erhaltung der Biodiversität bei.

Denn auch Wespen und Co. sind keineswegs fiese Schädlinge, die es zu bekämpfen gilt. Im Interview erklärt Hablützel, wieso das so ist und was es im Umgang mit den Tierchen zu beachten gilt.

Herr Hablützel, für was sind Wespen gut? 
Wespen bestäuben ebenfalls Pflanzen, genau wie Bienen und andere Insekten. Wespen steuern aber andere Pflanzen an als zum Beispiel die Honigbiene.

Wann haben Wespen Hochsaison? 
Wenn es schön Wetter ist. Was macht der Mensch, wenn es schön Wetter ist? Er sitzt draussen im Garten oder geht wandern. Wespen gehen bei schönem Wetter ebenfalls raus. Sei es um Insekten zu fangen, um sie den Larven zu verfüttern oder auch, um das Wetter zu geniessen. Und dann treffen beide aufeinander. Das Wort Hochsaison stimmt auch nur bedingt. Die eine Wespenart stirbt jetzt bald schon ab und andere Arten, wie zum Beispiel die Gemeine Wespe, da dauert es noch bis etwa Oktober. Genau sagen kann man das aber nicht.

Findet man aktuell viele Nester?
Die Wespen sind schon seit drei oder vier Monaten da. Wenn man jetzt aber den Schopf oder den Estrich aufräumt, nimmt man das Wespennest erst jetzt wahr. Das heisst aber noch lange nicht, dass es gleich weggemacht werden muss oder dass die Wespen gar getötet werden müssen. Man sollte sich immer zuerst beraten lassen. Es gibt Möglichkeiten und Verhaltensanpassungen, damit man mit den Wespen zusammenleben kann.

Was muss man für ein harmonisches Miteinander beachtet werden?
Das kommt zuerst auf die Wespenart an. Diejenige, die an unser Essen will, das ist die Deutsche und die Gemeine Wespe. Wenn man ein solches Nest beim Sitzplatz hat, ist es nicht ratsam, das dort zu lassen. Ein Nest wird ja auch nicht kleiner, sondern nur grösser. Einige Wespenarten sterben Ende Juli oder Ende August sowieso ab. Wieso sollte man also jetzt noch das Nest entfernen, wenn jetzt die wichtigste Zeit im Nestbetrieb ist – im Hinblick aufs nächste Jahr. Bei der Gemeinen Wespe gibt es andere Optionen. 

Wie sollte man vorgehen, wenn man ein Nest entdeckt?
Das Wichtigste ist, erst zu überlegen und dann zu handeln. Also nicht erst irgendeinen Spray holen, sondern sich erst informieren. Es gibt Leute, die würden wohl lieber das Haus in die Luft jagen, als sich über Alternativen zu informieren.

Tötet ein Spray die Wespen gleich oder wie ist das gemeint?
So schnell geht das eben nicht. Die Wespen leben noch etwa eine Minute lang weiter, nachdem sie den Spray eingeatmet haben. Während dieser Minute fliegen sie noch mit Bauchschmerzen und Krämpfen umher und stechen alles, was ihnen in die Nähe kommt. Das kann auch gefährlich für die Person werden, die den Spray benutzt. Ich rate ausdrücklich von solchen Sachen ab. Wenn man etwas macht, dann sollte man Fachleute organisieren. Das geht schnell, die Wespen leiden nicht und es drohen keine Stiche. 

Was für Informationen geben sie den Menschen sonst noch mit?
Ich benötige erst eine ausgefüllte Checkliste und Bilder, um eine Beratung machen zu können. Eine Umsiedlung ist nicht immer möglich und dann versuche ich die Leute zu beraten, ob und wann man ein Nest zum Beispiel stehen lassen kann. Vor einem Kindergarten zum Beispiel geht das nicht, das ist klar. Es gibt aber in anderen Situationen oft Alternativen.

Was kann man präventiv unternehmen? Beispielsweise bei Sitzplätzen?
Man kann den Wespen zum Beispiel ein Ablenkungstellerchen bereitstellen mit etwas Fleisch, Zucker, Flüssigkeit oder auch Obst. Dieses stellt man ein zwei Tage vorher schon etwas abseits vom Grillplatz hin. Dann konzentrieren sie sich mehrheitlich auf dieses Tellerchen. Weiter hilft Wassernebel. Kalte nasse Luft mögen Wespen nicht. Eine Garantie ist das nicht. Aber statt zehn Wespen hat man vielleicht nur vier. Dass man nicht rumfuchteln sollte, ist auch bekannt. Wespen wollen nur ihre Larven füttern und ihren eigenen Tank füllen. Dann lässt man die Wespen halt ihr Bröckchen mitnehmen und dann gehen sie wieder. Ich sage immer, gebt den Wespen keinen Grund, sich verteidigen zu müssen.

Wie viele Nester müssen jährlich umgesiedelt werden?
Schwierig zu sagen. Die meisten Fälle, die ich telefonisch erhalte, können mit einer Beratung erledigt werden. Etwa 20 Prozent sind tatsächlich Umsiedlungen, die vorgenommen werden müssen. Zum Beispiel auf Baustellen, bei Schulen und sonstigen Orten, wo Menschen gefährdet sein könnten.

Was ist am giftigsten? Wespen oder Hornissen?
Die Biene. Dir Hornisse hat am wenigsten Gift. Dann kommt die Wespe und dann die Biene mit dem meisten Gift. Die Hornisse hat einfach einen langen Stachel und der ist oft dreckig. Für einen Allergiker kommt es aber nicht darauf an, welcher Stachel sticht. Dieser bekommt bei allen Stacheln Probleme und muss Medikamente einnehmen. Ich selber würde mich lieber von einer Hornisse als von einer Wespe oder Biene stechen lassen. Bei einer Biene ist es wichtig, dass man den Stachel innert einer Minute rauszieht. Rausziehen sollte man ihn, indem man mit dem Nagel unter den Stachel geht und in ihn so rausholt. So hat man nicht das ganze Gift im Körper.

Noch etwas Wichtiges zum Schluss?
Es ist wirklich wichtig, dass man sich informiert, bevor man handelt und zum Beispiel den Dachstock in die Luft sprengt oder anzündet. Man hört und liest es jedes Jahr, dass wieder jemand sein halbes Haus angezündet hat, weil man ein Wespennest wegmachen wollte. Das ist furchtbar. Man kann auch die Polizei anrufen und fragen, was man machen soll. Die haben alle wichtigen Kontaktadressen zur Hand. Eine Wespe ist keine Bestie oder ein stechsüchtiges Vieh. Man muss nur wissen, wie man mit ihnen umzugehen hat.

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veröffentlicht: 19. Juli 2024 04:45
aktualisiert: 19. Juli 2024 04:45
Quelle: ZüriToday

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