Schweiz

Züglete Gstaad: Hunderte Kühe ziehen am Samstag beim Alpabzug durch den Nobelort

«Züglete»

Hunderte Kühe ziehen am Samstag durch den Nobelort Gstaad

· Online seit 30.08.2024, 15:15 Uhr
Für viele Kühe geht es in den nächsten Wochen von der Alp zurück ins Tal. Alpabzüge haben sich in verschiedenen Ortschaften des Berner Oberlands zu einem touristischen Event entwickelt. Auch die «Züglete» in Gstaad lockt jährlich Tausende Schaulustige an. Der Nobelort im Saanenland steht am Samstag im Spannungsfeld seiner bäuerlichen Tradition und seiner touristischen Entwicklung.
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Im Nobelort Gstaad treffen am Samstag zwei Welten aufeinander. Beide sind auf den ersten Blick äusserst gegensätzlich und doch gehören sie im Saanenland irgendwie zusammen. Einerseits ist die Ortschaft für seine Nobelhotels bekannt, die seit Jahrzehnten Berühmtheiten aus Film-, Musik- oder der Sportwelt anlockt. Andererseits hat es in der Region Gstaad rund 350 Bauernbetriebe. Das Saanenland hat etwa gleich viele Kühe wie Einwohner.

Am Samstag treffen sich die High Society und die Bäuerinnen und Bauern an der Promenade. Die Gstaad «Züglete» ist seit neun Jahren fester Bestandteil im Jahresprogramm.

200 Kühe ziehen durch den Nobelort

Mit grossen «Treicheln» um den Hals und schönen Blumengestecken auf dem Kopf werden am Samstag rund 200 Kühe verteilt auf sieben Zügen in regelmässigen Abständen durch Gstaad ziehen. Auch die Tiere des 56-jährigen Johann von Grünigen aus dem Turbach bei Gstaad werden am Samstag von ihrer Alp zurück in den heimischen Stall im Tal laufen. «Wir machen einen kleinen Umweg, damit wir in Gstaad durchkommen und laufen rund 22 Kilometer und fünf Stunden», erklärt von Grünigen im Interview. Sofort betont er, dass andere Bauern noch länger haben.

Die Tiere, gerade die Simmentaler Kühe, seien sehr robust, der Marsch sei für sie kein Problem.  Alle rund 30 Minuten kommen ab Samstagvormittag dann Züge durchs Dorf. Jede Bauernfamilie schmücke die Tiere nach eigenem Gutdünken. «Diese Abwechslung sehen die Leute sehr gerne», sagt von Grünigen. Es sei aber kein Wettbewerb.

Einheimische kaum noch in Gstaad

Für die Bauernfamilien ist der Alpabzug eine langjährige Tradition. Seit neun Jahren ist die «Gstaad Züglete» aber ebenso ein Highlight für viele Touristinnen und Touristen. Mitinitiiert hat sie von Grünigen persönlich, nachdem die sogenannte Promenaden-Party, eine Art Show-Alpabzug, abgeschafft wurde.

Heute ist er im Organisationskomitee der «Züglete». Das noble Gstaad sei kaum noch ein Ort der Einheimischen, sagt der 56-jährige Bauer. «Wir wollten ein Fest machen, an dem Einheimische, Touristen und die noblen Gäste gemeinsam eine authentische Tradition feiern», sagt er.

Die Zusammenarbeit mit dem Tourismus oder anderen Veranstaltern sei sehr gut. Ein Beispiel: Die Bauern ziehen in diesem Sommer eine Woche früher als sonst von der Alp, damit ihr Event nicht dem Jubiläum der Gstaader Country Night in die Quere kommt. Normalerweise sei die «Züglete» am ersten Samstag im September, doch weil die Bauern im Frühling früh auf die Alp konnten, habe es so oder so fast kein Gras mehr in den höheren Lagen.

Kuhfladen kein Problem

Reklamationen, etwa wegen der Kuhfladen auf der Promenade, habe es nie gegeben. Im Gegenteil: «Einige Leute freuen sich sogar, wenn sie am Abend mit verspritzen Hosen nach Hause dürfen», sagt von Grünigen und schmunzelt.

Ariane Ludwig, Leitung Marketing und Verkauf der lokalen Organisation Gstaad Saanenland Tourismus bestätigt, dass der Alpabzug für den Tourismus einen grossen Stellenwert habe und nicht mit dem alltäglichen Geschäft in Spannung stehe. Die «Züglete» interessiere ein sehr vielseitiges Publikum: «Es kommen Herr und Frau Schweizer als Tages- oder Übernachtungsgäste bis zu internationalen Gästen», so Ludwig. Dass die Promenade in Gstaad für einmal etwas dreckiger ist als sonst, sei überhaupt kein Problem: «Die Besucher sind sich dessen bewusst – es ist natürlich. Die Strassen werden laufend gereinigt.»

Berühmte Gäste am Alpabzug

Andere bekannte Alpauf- oder Abzüge, unter anderem in Adelboden oder Schwarzenburg, locken ebenfalls Touristinnen und Touristen an. Mit ihrer Nähe zu den Nobelhotels und dem internationalen Tourismus findet die «Züglete» in einem speziellen Kontext statt. «Es hat immer wieder berühmte Gäste vor Ort. Aber man lässt sie in Frieden und macht kein Gschiss», sagt von Grünigen. Er will deshalb auch keine Namen von Promis verraten, die bereits der Züglete beigewohnt haben. Am Samstag steht Gstaad so oder so im Zeichen der einheimischen Landwirtschaft und nicht der noblen Gäste, auch wenn diese willkommen sind.

Zum Anlass am Samstag gehören neben dem Alpabzug 150 Marktstände im Dorf, wo vor allem einheimische Produkte verkauft werden. Ebenso werde es volkstümliche Musik geben. Von Grünigen selbst wird im Dorf jodeln. Erstmals wird er deshalb nicht mit seinen Kühen von der Alp herunterziehen, das übernimmt seine Familie, worauf der 56-jährige Bauer aus Turbach sehr stolz ist: «Es ist eben auch ein Anlass für die Jungen.»

Der Sänger Robbie Williams auf einem Kreisel in Gstaad: 

Quelle: BärnToday / Warner Nattiel

veröffentlicht: 30. August 2024 15:15
aktualisiert: 30. August 2024 15:15
Quelle: BärnToday

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