Erst vor sechs Jahren wurde in China das Alongshan-Virus entdeckt. Im Dezember 2022 haben Forschende der Universität Zürich das neue Virus erstmals in Schweizer Zecken nachgewiesen. Mit den milderen Frühlingstemperaturen beginnt nun wieder die Zeckensaison.
Stefan Zimmerli, Oberarzt auf der Station für Infektionskrankheiten am Inselspital Bern, erklärt, was man über das neue Virus weiss: «Die erste Beschreibung des Virus gab es im Jahr 2017 von einem Patienten in der Mongolei, dieser hatte Kopfschmerzen und Fieber. Es wurde kein Erreger gefunden, bis chinesische Wissenschaftler ein neues Virus in diesem Patienten feststellen konnten. Sie konnten dieses dann bei weiteren 86 Patienten in der gleichen Gegend feststellen, es handelte sich um das Alongshan-Virus.» Alle Patienten in der Mongolei hatten einen milden Verlauf und konnten nach einem Spitalaufenthalt gesund entlassen werden.
In Bern konnte bis jetzt bei keinem Patienten das neue Virus festgestellt werden, weshalb Dr. Zimmerli auf die Daten und Erkenntnisse der Patienten in der Mongolei zurückgreifen muss: «Wir wissen noch nicht, ob das neue Virus bei uns ist. Dazu haben wir noch keine Daten, es ist aber anzunehmen. Unsere Kollegen in Zürich arbeiten an einem Nachweistest, dieser ist aber noch nicht zugänglich.» Zeigt ein Patient ähnliche Symptome auf, wird gehandelt: «Wenn ein Patient ein vergleichbares Krankheitsbild aufzeigt und kein Erreger gefunden werden kann, dann würden wir den Kontakt mit unseren Kollegen in Zürich suchen und mit Informationen aus dem Blut oder der Rückenmarkflüssigkeit versuchen, das neue Virus festzustellen und zu isolieren.»
Überraschend viele Zecken tragen das Virus
Die Gefährlichkeit des Virus kann vom Oberarzt für Infektionskrankheiten noch nicht abgeschätzt werden. Ob bei einer Infektion einer grösseren Gruppe ebenfalls alle Patienten einen milden Verlauf haben wie die 86 Patienten in der Mongolei ist unklar. Dass Zecken in der Schweiz das Virus haben, konnte nachgewiesen werden: «Unsere Kollegen in Zürich waren überrascht, in wie vielen Zecken sie das neue Virus nachweisen konnten. Ihr erster Eindruck war, dass das Virus in mehr Zecken gefunden werden konnte als das Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) Virus», erklärt Stefan Zimmerli.
Und auch wenn sich alle Patientinnen und Patienten in der Mongolei von dem Virus erholen konnten und gegen das FSME-Virus und Borreliose es eine Impfung beziehungsweise Antibiotika gibt, ist im Frühling und Sommer in der Schweiz vor den Blutsaugern besondere Vorsicht geboten: «Übliche Schutzmechanismen vor Zeckenbisse sind sicherlich wichtig, im Wald die Socken über die Hosen ziehen oder hohe Schuhe anziehen. Auch Insekten abweisender Spray kann sicherlich auch helfen und nach Spaziergängen den Körper auf Zecken absuchen», so der Oberarzt. An einen Impfstoff oder ein Medikament gegen das neue Virus ist aber im Moment noch nicht zu denken, wie Dr. Zimmerli erklärt: «Je milder der Krankheitsverlauf, desto weniger dringend ist es, einen Impfstoff oder ein Medikament gegen das Virus zu finden .»
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