Mittelland
Kanton Bern

Trachtenschneiderin aus Suberg kleidet die Ehrendamen des Hornusserfests in Höchstetten ein

Hornusserfest Höchstetten

Suberger Trachtenschneiderin: «Ist eine Ehre, die Ehrendamen einzukleiden»

08.08.2024, 19:00 Uhr
· Online seit 08.08.2024, 07:19 Uhr
Ende August findet in Höchstetten das Eidgenössische Hornusserfest statt. Und was wäre ein Hornusserfest ohne Ehrendamen? Die Suberger Trachtenschneiderin Annemarie Wittwer ist dafür zuständig, dass der Rock sitzt und die Seidenschürze passt.
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«Wir haben die Ehre und dürfen die Ehrendamen für das Eidgenössische Hornusserfest einkleiden», erzählt Annemarie Wittwer, die Inhaberin der Trachtenbörse Wittwer in Suberg voller Stolz. «Die meisten Frauen haben bereits eine Tracht, da müssen wir nur noch ergänzen. Aber es gibt trotzdem ziemlich viel zu tun.»

«Mich faszinierten Trachten schon immer»

In die Trachtenbörse und ins dazugehörige Nähatelier und Stofflager kommen Frauen, Männer und auch Kinder, um für Anlässe eine würdige Kleidung zu haben. Erst kürzlich passten die diplomierte Trachtenschneiderin Annemarie Wittwer und ihre beiden Mitarbeiterinnen – darunter ihre Tochter Caroline – für das Seeländische Schwingfest in Täuffelen Trachten an. Und nun also für das Eidgenössische Hornusserfest in Höchstetten.

«Mich faszinierten Trachten schon immer. Es ist eine ganz andere Art zu Nähen, weil die Linie gegeben ist. Bei Kleidern kann man die Nähte verschieben. Bei den Trachten kann man zwar Farben oder Stoffe verändern, aber die Linie ist gegeben.» Ursprünglich hat die 64-Jährige als Damenschneiderin in Bargen angefangen. Ihre Lieblingstracht: Die Erlacher.

Der Tag am Eidgenössischen in Höchstetten beginnt für die Ehrendamen mit dem Erstellen der geeigneten Trachtenfrisur. Dabei werden sie vom Coiffeurgeschäft Kreaplus aus Jegenstorf unterstützt – die Frisur muss zur Tracht passen. Beim Anziehen der Tracht hilft die Tochter von Annemarie Wittwer, Caroline, den Ehrendamen vor Ort. Die Suberger Trachtenbörse wurde dafür vom Ehrendamenverein Bärnbiet angefragt.

Trachtenboom bei den Jungen

Nach dem Hornusserfest stehen im Oktober und im November wieder Konzerte an, zum Beispiel Jodleranlässe. Auch dafür braucht es logischerweise Trachten und «Chüjermutze». Diese Anlässe gibt es zwar jedes Jahr, es gibt trotzdem immer etwas zu tun: Zum Beispiel Trachten «einnehmen oder auslassen». «Die Körper bleiben eben nicht immer gleich,» so Wittwer. Und genau das sei eine Herausforderung. «Es ist sicherlich schwieriger, eine Tracht passend zu machen, wenn jemand etwas grössere Masse hat.» Die 08/15-Figuren seien da einfacher.

Nebst Jodleranlässen oder Schwingfesten sei die Zeit der Konfirmationen eine der stressigsten im Jahr. Immer öfter wollen junge Frauen an ihrer «Konf» in einer Tracht erscheinen. «Wir erhalten dann immer schöne Fotos der Anlässe, das bringt uns zum Strahlen.» Das sei Wittwer mehr wert als jedes Geld, das sie mit dem Trachtenschneidern einnimmt. Eine gebrauchte Tracht beispielsweise, die angepasst werden muss, kostet zwischen 800 und 1500 Franken.

Letzthin sei eine jüngere Frau in der Börse erschienen und sagte: «Mein Grossvater hat bald Geburtstag. Und ich möchte die Tracht meines Grosis tragen können. Können Sie diese auf mich anpassen?» Laut Annemarie Wittwer kommen immer mehr junge Leute bei ihr mit solchen Anfragen vorbei. «Knapp 40 Prozen sind mittlerweile junge Frauen von 16 bis 30 Jahren. Das hat sich im Laufe der Zeit sehr verändert.»

Grosses Know-How weitergeben

Nicht nur tragen wollen junge Leute die traditionelle Kleidung wieder häufiger. Auch absolvierten wieder mehr junge Frauen die Prüfungen zur Trachtenschneiderin. «Das dauert anderthalb bis zwei Jahre. Direkt in einem Trachten-Atelier lernt man die Theorie und die Praxis, es gibt keine Gewerbeschule. Danach gibt es eine Prüfung.»

Wenn man sich für den Beruf interessiert, sollte man sich mit der Kleidung generell gut auskennen. «Zur Gotthelftracht beispielsweise darf nur eine oxidierte Brosche oder eine Holzbrosche getragen werden. Das Mieder muss in der Taille sitzen. Und man sollte ein Auge für die richtige Länge der Tracht haben.»

Annemarie Wittwer ist mittlerweile 65 Jahre alt. Und sie wird sich zurückziehen – sie geht nach 40 Jahren Selbstständigkeit in Pension. «Meine Tochter und ich haben eine GmbH gegründet. Sie wird übernehmen. Aber ich springe nicht gleich heute oder morgen ab – dafür ist die Leidenschaft zu gross.»

veröffentlicht: 8. August 2024 07:19
aktualisiert: 8. August 2024 19:00
Quelle: BärnToday

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