Nach dem Abbau von 95 Stellen im Frühling sieht sich das Stahlwerk Gerlafingen gezwungen, weitere 120 Stellen abzubauen. Von 600 Arbeitsplätzen würden dann nur noch etwa 400 bleiben. Und weil die Lage am Stahlmarkt unglaublich schwierig ist, ist sogar das weitere Fortbestehen des ganzen Werks in Frage gestellt, wie Besitzer Anotonio Beltrame sagte.
Besorgnis und Unverständnis
«Überall im Dorf wird darüber geredet», sagt Philipp Heri, Gemeindepräsident von Gerlafingen. «Die Stimmung ist bedrückt.» Bei vielen sei auch etwas Wut gegenüber dem Bundesrat zu verspüren. «Man rettet Banken und Fluggesellschaften, aber das Stahlwerk nicht. Das ist für viele unverständlich.»
Wer genau entlassen wird, wisse noch niemand. «Von den momentanen 500 Arbeitenden wohnen etwa 10 Prozent in Gerlafingen, also ungefähr 50 Leute. Wie viele davon vom Stellenabbau betroffen sind, weiss ich nicht.» So oder so werde es die Region hart treffen.
Die Lösung muss rechtzeitig kommen
Auch wenn sein Einfluss begrenzt sei, setze er sich dafür ein, dass die Stellen bleiben. Dafür nutze er seine Kontakte. «Ich versuche zu koordinieren, dass die richtigen Leute miteinander reden können.» Er habe auch gute Kontakte in die Solothurner Regierung, über dritte gar bis in den Bundesrat.
Jener habe bestimmt bereits im Frühling viel versucht, das Stahlwerk zu retten. «Das Problem ist, dass die Lösungen häufig zu spät kommen.»
Fünf vor zwölf
Heri wünscht sich schnelle Massnahmen. «Es ist fünf vor zwölf. Wir müssen alles daran setzen, dass wir nicht irgendwann über eine mögliche Schliessung diskutieren müssen», sagt Heri.
«Mich stört es sehr, dass Stromkonzerne grosse Gewinne machen, während auf der anderen Seite jene Unternehmen, die viel Strom benötigen, Stellen abbauen.» Dort müsse man eingreifen.
50 Prozent Chance
Die Wahrscheinlichkeit, dass das Stahlwerk die Massenentlassung noch abwenden kann, schätzt Heri auf etwa 50 Prozent. «Ich glaube, es ist möglich, dass wir diese Industrie behalten können, bin aber auch überzeugt, dass es Massnahmen vom Bund braucht.»