Schweiz

Bienen Schweiz wehrt sich gegen Aussagen von Uni-Professor

Verband widerspricht Forscher

«Es stimmt nicht, dass wir kurz vor einem Bienensterben stehen»

27.09.2023, 10:43 Uhr
· Online seit 26.09.2023, 16:52 Uhr
«Ohne Massnahmen sind alle Bienenvölker in ein bis zwei Jahren tot»: Unter anderem diese Aussage eines Bienenforschers der Uni Bern hat vergangene Woche für Aufsehen gesorgt. BienenSchweiz-Präsident Mathias Götti Limacher widerspricht dem Uni-Professor nun.
Anzeige

BärnToday: Sie haben mit einer Stellungnahme auf den Artikel der CH Media-Zeitungen reagiert. Der Titel Ihrer Stellungnahme lautet: «Auch ein Professor muss nicht immer richtig liegen.» Inwiefern liegt Professor Peter Neumann denn falsch?

Mathias Götti Limacher: Der Aufhänger des Interviews ist eine Motion, die letzte Woche von mehreren Parlamentarierinnen und Parlamentariern eingereicht wurde. Mit den Aussagen, die im Zusammenhang mit der Motion gemacht wurden, sind wir nicht einverstanden. Professor Neumann sagt beispielsweise, dass es seit 2008 ein Monitoring der Honigbienen gebe. Tatsächlich ist es so, dass Imkerinnen und Imker seit 2008 Bienenstände registrieren müssen. Man muss jedoch nicht angeben, wie viele Bienenvölker man hat. Man kann also nirgends nachschauen, wie viele Honigbienen es in einer Gegend gibt. Genau das wird nun in der Motion gefordert.

Herr Neumann sagt, die Motion führe an den zentralen Problemen vorbei – die Varroamilbe werde beispielsweise nicht thematisiert. Was sagen Sie dazu?

Es ist richtig, dass die Varroamilbe nicht explizit erwähnt wird. Sie ist aber in der breiten Palette an Forderungen impliziert. Mit der Motion soll die Bestäubung generell und langfristig gesichert werden. Dabei geht es um Wild- und Honigbienen. Die Varroamilbe ist zwar ein zentrales Problem der Honigbienen, sie ist aber nur eines von mehreren Problemen. Die Forderungen nehmen durchaus Bezug auf die Varroamilben: Es wird beispielsweise ein Sachkundenachweis gefordert – Leute, welche in die Honigbienenhaltung einsteigen, müssen also eine Ausbildung besuchen, bei der sie auch lernen, wie sie mit Varroamilben umgehen müssen. Zudem wird in der Motion der Forschungsbedarf erwähnt – in diesem Zusammenhang ist ganz klar, dass die Varroamilbe da ein wichtiger Punkt ist.

Professor Neumann fordert, die Imkerschaft müsse im Zusammenhang mit der Varroamilbe besser informiert werden. Sehen Sie das anders?

Wir sind mit dieser Aussage nicht einverstanden. Wir haben in den letzten Jahren viel in die Information und Bildung investiert. Seit zehn Jahren haben wir einen Bienengesundheitsdienst. Einer der zentralen Punkte dabei ist, die Imkerschaft im Umgang mit der Varroamilbe auszubilden.

Die Kernaussage von Peter Neumann ist: «Ohne Massnahmen sind alle Bienenvölker in zwei Jahren tot.» Weshalb ist diese Aussage falsch?

Die Varroamilbe ist seit vielen Jahren ein grosses Problem. Es stimmt, dass viele Bienenvölker sterben würden, wenn man keine Massnahmen dagegen ergreifen würde. Es stimmt jedoch nicht, dass wir kurz vor einem Bienensterben stehen. Wir wehren uns als Verband seit vielen Jahren dagegen, dass man dieses Bienensterben heraufbeschwört. Wir haben Imkerinnen und Imker, die zu den Bienen schauen. Wenn man Massnahmen ergreift und gut ausgebildet ist, haben wir mit den Honigbienen keine Probleme. Wenn man im Zusammenhang mit Bienen von dramatischen Situationen spricht, müsste man vor allem über die Wildbienen sprechen. 45 Prozent dieser Arten sind gefährdet.

Die Äusserungen von Professor Neumann lösen gewisse Irritationen aus, gerade auch bei der Imkerschaft und bei unseren Mitgliedern. Die denken sich: «Jetzt haben wir doch endlich mal einen Schritt erreicht und dann kommt der einzige Bienenprofessor der Schweiz und sagt, dass alles für nichts gewesen sei.» Das löst Kontroversen aus – auf der einen Seite sehen wir die breite Unterstützung der Politik, die wir uns auch erarbeitet haben – auf der anderen Seite steht eine Einzelperson, die das einfach so infrage stellt.

In welchen Punkten stimmen Sie mit Herrn Neumann überein?

Wir sind einverstanden, dass die Varroamilbe das Hauptproblem für die Honigbienen ist. Wir finden zudem auch, dass man unbedingt neue Wege finden muss – es besteht ein grosser Forschungsbedarf. Gerade Wildbienen müssen besser geschützt werden, es braucht mehr Nistgelegenheiten und ein grösseres Blütenangebot.

Was können Laien unternehmen, um den Bienen zu helfen?

Das Blüten- und Nahrungsangebot muss verbessert werden. Da kann man mit dem eigenen Balkon oder dem Garten etwas dazu beitragen. Bei neuen Gebäuden kann man Dachbegrünungen installieren. Man kann sich aber auch in der Wohngemeinde oder in der Firma dafür einsetzen, dass bei Gebäuden ein grösseres Blütenangebot geschaffen wird.

Scan den QR-Code

Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.

veröffentlicht: 26. September 2023 16:52
aktualisiert: 27. September 2023 10:43
Quelle: BärnToday

Anzeige
Anzeige
32today@chmedia.ch