«Schönfärberei und haltlose Behauptungen in Bezug auf Klimafreundlichkeit führen Konsumentinnen und Konsumenten in die Irre», schreibt die Stiftung für Konsumentenschutz am Freitag in einer Mitteilung.
Damit fordert sie klarere Regeln für Klima-Werbeversprechen vom Bund. Gleichzeitig reicht die Stiftung Beschwerde beim Seco wegen unlauterem Wettbewerb ein, ausserdem drei Beschwerden bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission wegen unlauterer Werbung.
Werbeaussagen stimmten nicht
Konkret ist dem Konsumentenschutz die Bewerbung von «klimaneutralen» Handyabos, «CO₂-neutralem» Heizöl oder «klimapositivem» Kinderbrei ein Dorn im Auge. Diese «inflationäre» Verbreitung von Aussagen über die Klimawirksamkeit von Produkten und Dienstleistungen stimme skeptisch. Denn viele Werbeaussagen seien übertrieben oder stimmten nicht, so der Konsumentenschutz.
Für Sara Stalder, Geschäftsleiterin des Konsumentenschutzes, ist klar: «Damit werden Konsumentinnen und Konsumenten in die Irre geführt.»
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Aus diesem Grund hat der Konsumentenschutz elf Beschwerden gegen die folgenden Unternehmen eingereicht: Agent Selly, Avis, Coca-Cola Schweiz, Eliteflights, Hipp, Kübler, Swisscom und Zoo Zürich.
Stalder: «Klimaschutz wird zur Aufgabe der anderen»
Weiter kritisiert die Stiftung, dass Klimaversprechen der Unternehmen nur durch CO₂-Kompensation eingehalten werden können. «Das Unternehmen selbst unternimmt nichts, sondern zahlt, damit andere stellvertretend kompensieren. Mit anderen Worten: Klimaschutz wird zur Aufgabe der anderen», heisst es weiter beim Konsumentenschutz.
Um hier klarzustellen: Das Seco wird erst über die Beschwerde entscheiden. In der Vergangenheit mussten Unternehmen aber auch schon ihre Claims anpassen: So bewerben die Engadiner Bergbahnen ihr Angebot seit Anfang Jahr nicht mehr als «CO₂-neutral». Dies war ebenfalls einer Beschwerde des Konsumentenschutzes vorausgelaufen.
Myclimate-CEO nimmt Stellung
Ist das ein Schritt in die richtige Richtung? Oder hemmt das nun gar Bemühungen von Unternehmen für mehr Klimaschutz? Die Today-Redaktion hat diese Fragen Kathrin Dellantonio gestellt. Sie ist Geschäftsführerin der Non-Profit-Stiftung Myclimate, die Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit beratet und Kompensationsprojekte anbietet. Eine Kundin von Myclimate ist Swisscom, die ebenfalls von der Beschwerde betroffen ist.
Dellantonio begrüsst grundsätzlich, dass man in diesem Thema genauer hinschaut. Allerdings müsse man berücksichtigen, dass CO₂-Kompensations-Projekte immer nur ein Teil einer langfristigen Strategie seien, die das Ziel hat, möglichst schnell Emissionen im Unternehmen sowie entlang der Wertschöpfungskette zu reduzieren, sagt sie: «Die Swisscom beraten wir, um auch innerhalb des Unternehmens selbst mehr CO₂-Emissionen einzusparen», so Dellantonio. Dabei habe Swisscom die CO₂-Emissionen aus dem Betrieb seit 1990 um rund 87 Prozent reduziert.
«Klimaneutral» wird nicht mehr verwendet
Doch die Myclimate-Geschäftsführerin sieht ein, dass gewisse Begriffe irreführend sein könnten. Aus diesem Grund werde der Begriff «klimaneutral» bei der Stiftung seit einer Weile nicht mehr verwendet. Man spreche lieber von «Klimaschutzbeitrag».
Gefahr sieht Dellantonio beim erhöhten Aufwand, sobald der Bereich mehr reguliert werde: «Wir begrüssen klarere Regeln beim sogenannten «Green Claiming». Trotzdem ist es aber wichtig sicherzustellen, dass hier die Bürokratie nicht überhandnimmt. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der administrative Aufwand zu gross wird, sodass Unternehmen entmutigt werden, von sich aus freiwillig mehr Klimaschutz umzusetzen, als sie vom Gesetz her müssten.»
Denn viele Unternehmen engagierten sich bereits heute stark mit freiwilligen Massnahmen für mehr Klimaschutz und zeigten damit auf, «dass Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand gehen», so Dellantonio.
Klar ist aber: Wenn Unternehmen nur Projekte im Ausland finanzieren, ohne selber klimafreundlicher zu werden, ist dies laut Dellantonio nicht zielführend.
Aber: «Es wird aber wohl immer Emissionen geben, die schlicht nicht eingespart werden können. Hier sowie während man Reduktionsmassnahmen umsetzt, macht die Unterstützung von Klimaschutzprojekten Sinn. Denn damit übernimmt man auch für die heute noch nicht vermeidbaren Emissionen die Verantwortung.»